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BGH zur Reduzierung der Mieten aufgrund von Corona

Nektarios Dovas • Jan. 12, 2022

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Der BGH bestätigt in seinem Urteil vom 12.01.2022, Az.: XII ZR 8/21, dass Mieter die ihre Geschäfte aufgrund von staatlichen Schließungsmaßnahmen ("Lockdown") schließen mussten, die Miete für diese Zeit anpassen können. Richtigerweise bejaht der BGH bei den Lockdownmaßnahmen eine Störung der Geschäftsgrundlage.


Der BGH sah die sog. große Geschäftsgrundlage, durch die Störung der Erwartung der Vertragsparteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des streitgegenständlichen Mietvertrages nicht ändern würden, tangiert. Diese Erwartung sei durch die Allgemeinverfügungen "schwerwiegend gestört" worden und daher als Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB zu bewerten.


Nach Auffassung des BGH kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine pauschale Anpassung der Miete um einen bestimmten Betrag wurde vom BGH abgelehnt. Ob eine Anpassung möglich ist und in welcher Höhe sachgerecht, bestimme sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, ob dem Mieter das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Aus diesem Grunde seien auch staatliche Hilfsgelder oder sonstige Kompensationen zu berücksichtigen. Eine andere Entscheidung wäre zwar mit dem Wortlaut des §313 BGB schwer zu begründen, aber für viele Mieter als Orientierungswert wünschenswert gewesen.


Der Entscheidung des BGH lag eine Klage des Vermieters eines Textil-Discounters ("Mieter") zugrunde, der die Miete für April 2020 aufgrund der Schließungszeiträume vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 nicht zahlte. Das LG Chemnitz hatte zunächst den Mieter zur Zahlung von 8.000 EUR verurteilt. Das OLG Dresden hob dieses Urteil auf und ging von einer pauschalen 50-50 Lösung (bezogen auf die Kaltmiete) aus. Begründet wurde diese Entscheidung ebenso mit § 313 Abs. 1 BGB, der sog. Störung der Geschäftsgrundlage. Das OLG Dresden muss nunmehr feststellen, ob wirtschaftliche Nachteile vorliegen und eine Entscheidung zur Höhe der angemessenen Anpassung treffen.


Dabei stellte der BGH klar, dass die staatlichen Schließungsmaßnahmen nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands nach § 536 Abs. 1 S. 1 BGB führen können, da die angeordneten Schließungen wegen der Corona-Pandemie nichts mit dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts zu tun habe. Die Schließungsmaßnahmen stehen vielmehr mit dem Publikumsverkehr in Verbindung, um die Verbreitung des Virus zu erschweren. 


Das Urteil ist in rechtlicher Hinsicht zu begrüßen, bringt aber für Mieter von Gewerbemietraumflächen keine neuen Erkenntnisse zu Tage. Dass eine Anpassung über die Störung der Geschäftsgrundlage grds. möglich ist, war bereits aus dem neu geschaffenen Art. 240 § 7 EGBGB ersichtlich. Die wirtschaftlichen Nachteile eines Mieters bei einer pandemiebedingten Schließung können nicht mit der Begründung des unternehmerischen Risikos vollständig auf den Mieter abgewälzt werden. Im Ergebnis handelt es sich um die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos, das als übergesetzliches Risiko nicht von der mietvertraglichen Risikoverteilung erfasst sein konnte.


Mieter sollten beim Abschluss neuer Mietverträge und insbesondere auch beim Abschluss von Nachträgen zu bereits bestehenden Mietverträgen auf eine Regelung zu pandemiebedingten Schließungsmaßnahmen aufgrund von Corona und sonstigen Erregern aufnehmen. Ohne eine solche Regelung droht ihnen der Weg der Vertragsanpassung auch über den § 313 BGB versperrt zu bleiben.


Viele Vermieter versuchen derzeit Nachträge mit ihren Mietern zu schließen. Durch den üblichen - leider aber sehr nachteiligen und daher nicht zu empfehlenden - Zusatz,


"die übrigen Bestimmungen des Mietvertrages gelten unverändert fort"


kann der Mietvertrag in rechtlicher Hinsicht ggf. als ein neu geschlossener Vertrag gesehen werden, wodurch eine fehlende Klausel zur Coronapandemie das spätere Berufen auf eine Vertragsanpassung vollständig ausschließen, zumindest aber erschweren könnte.


Vor Abschluss eines Mietvertrages oder eines Nachtrages ist beiden Vertragsparteien das Hinzuziehen eines Rechtsanwaltes anzuraten. Erst durch eine rechtliche Beratung kann das vollständige Risiko bewerte werden in ggf. in wirtschaftlicher Hinsicht entschieden werden.

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