Blog-Layout

Miete und Gewerbe zu Zeiten von Corona! Mietminderung möglich?

Rechtsanwalt Nektarios Dovas • Jan. 02, 2021

Die durch das Coronavirus verursachte pandemische Lage hat die Landesregierungen zu diversen Maßnahmen veranlasst. Als besonders schwerwiegende Maßnahme zählt wohl der umfangreiche Lockdown, durch den besonders viele Gewerbetreibende in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind.


Im Mittelpunkt steht daher die Frage, welche Partei das Verwendungsrisiko trägt, dass eine Mietsache wegen der Corona-Maßnahmen nicht oder nicht wie bezweckt genutzt werden kann.


Bisher lehnten Gerichte mehrheitlich eine Kürzung der Miete mit der Begründung ab, das Verwendungsrisiko trage grds. der Mieter. Zwar ist dem insoweit zuzustimmen, allerdings wird dadurch die besondere aktuelle Lage unzureichend gewürdigt. Die Bundesregierung hat daher eine günstige Norm für die Gewerbetreibende verabschiedet.

 


Gesetzgeber reagiert mit Änderung im EGBGB


Der Gesetzgeber versucht durch eine Änderung im EGBGB der Entwicklung der Rechtsprechung gegenzusteuern und das Verwendungsrisiko teilweise beiden Parteien aufzuerlegen.


In Art. 240 § 7 EGBGB heißt es nunmehr:


§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen


(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.


(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.


Die Gesetzesänderung soll dem Mieter eine Verhandlungsposition eröffnen. Die Überschrift verweist bereits auf § 313 BGB und der darin geregelten Störung der Geschäftsgrundlage. In § 313 Abs. 1 BGB wird die Störung der Geschäftsgrundlage wie folgt geregelt:


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.


Die Störung der Geschäftsgrundlage ist durch die Neuregelung des Art. 240 § 7 EGBGB nicht automatisch erfüllt, sondern es soll vielmehr eine Verhandlungsbasis geschaffen werden indem vermutet wird, der Tatbestand des § 313 BGB sei teilweise erfüllt. 


Zum tieferen Verständnis: § 313 Abs. 1 BGB weist drei Elemente auf. Das reale, hypothetische und normative Element. 


- reales Element ist erfüllt, wenn nachträgliche Änderungen vertragswesentlicher objektiver Umstände vorliegen


- hypothetisches Element ist erfüllt, wenn bei Kenntnis der drohenden Änderungen kein Vertrag mit dem 

  entsprechenden Inhalt geschlossen würde


- normatives Element bedeutet, die Unzumutbarkeit des Festhaltens für mindestens eine Partei am unveränderten

  Vertrag 


Die gesetzliche Vermutung reicht soweit, als die Maßnahmen die aufgrund der Pandemie vorgenommen wurden als eine nachträgliche Änderung zu werten sind. Für das Vorliegen der weiteren Elemente bleibt diejenige Partei darlegungs- und beweisbelastet, die sich auf § 313 BGB beruft, in der Regel also der Mieter/Pächter.


Allerdings ist die größte Hürde mit der Vermutung des ersten Elements bereits genommen und steigert die Erfolgsaussichten um ein Vielfaches.


Die Frage, ob eine Anpassung der Miete als angemessen zu werten ist, bleibt dennoch eine Einzelfallentscheidung bei der alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen sind.  Die abschließende Klärung hat der Gesetzgeber den Gerichten überlassen. Jedoch schafft die Neuregelung Rechtssicherheit über die grundsätzliche Anwendungsmöglichkeit des § 313 BGB auf Sachverhalte mit Bezug zu coronabedingten Schließungen. Die bisherige überwiegende Ansicht der Gerichte ist daher als überholt zu werten.


Den Mietern ist anzuraten mit den Vermietern in Kontakt zu treten und für die Geltungszeit der Schließungsmaßnahmen einen geänderten Mietzins zu vereinbaren. Dabei sollten Überlegungen zu der konkreten wirtschaftlichen Situation und den erlittenen Umsatzeinbußen angestellt werden. Bei letzteren sind die staatlichen Hilfen zu berücksichtigen.    


Es bleibt abzuwarten, ob staatliche Stellen Hilfszahlungen teilweise mit der Begründung streichen, man hätte sich um eine Anpassung des Mietzins bemühen müssen. 


von Nektarios Dovas 12 Jan., 2022
Kann ich meine Miete für mein Geschäft reduzieren? BGH schafft teilweise Rechtssicherheit!
von Nektarios Dovas 09 Sept., 2021
BAG hebt Beweiswert einer AU auf!
von Rechtsanwalt Nektarios Dovas 07 Jan., 2021
Besteht eine Impfpflicht? Kann der Arbeitgeber eine Impfung erzwingen?
von Rechtsanwalt Nektarios Dovas 20 Nov., 2020
Die Schließung von Fitnesstudios, Tanzstudios, Freizeiteinrichtungen, Vereinen u.a. wirft die Frage auf, ob man zur Beitragszahlung weiter verpflichtet ist oder gar eine Kündigungsmöglichkeit hat. Auch die Frage nach einer teilweisen Rückforderung bei Jahresbeiträgen kommt Relevanz zu.
Share by: